24.02.2025

Inventare aus dem 18. Jahrhundert online

Kirchenarchiv erläutert historische Quelle am Beispiel Barnstorfs


Die genaue Kenntnis des eigenen Grundbesitzes ist nicht nur in der Gegenwart von hoher Bedeutung für die kirchlichen Rechtsträger. Aufzeichnungen darüber, welche Leistungen sie dafür erwarten durften, reichen in den kirchlichen Archivbeständen mehrere Jahrhunderte zurück.

Einen Meilenstein setzten die Corpora Bonorum (Güterverzeichnisse) des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts aufgestellt, verzeichneten sie Besitz, Einkünfte, Ausstattung und Rechte der Kirchen, Pfarren, Pfarrwitwentümer und verbundenen Küsterei- und Schulstellen. Die Pfarrer hatten diese Hauptbücher nach einem vorgeschriebenen Schema zu verfassen, ihre Entwürfe wurden in einem komplexen, oft langjährigen Verfahren revidiert und festgestellt. Die genehmigten Exemplare besaßen Rechtskraft und wurden bis 1922 um alle grundlegenden Änderungen der kirchlichen Eigentumsverhältnisse ergänzt.

Das Landeskirchliche Archiv Wolfenbüttel bewahrt Exemplare aus über 300 Gemeinden, mittlerweile auch vollständig digitalisiert. Sie enthalten neben den wirtschaftlichen Daten Informationen über die Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude, die Friedhofsverhältnisse und vieles mehr. Diese wichtige Quelle der Orts- und lokalen Kirchengeschichte wird am Beispiel des Corpus Bonorum von Barnstorf ausführlich vorgestellt. Das digitale Exemplar kann hier durchgeblättert werden. An den hervorgehobenen Stellen ist Wissenswertes zu den Eintragungen oder eine Übersetzung einzelner in deutscher Handschrift geschriebener Passagen per Mouseclick aufrufbar.

Lesen Sie z.B. über die 1757 auf einer Kirchenwiese mit der Bezeichnung „Klinge-Beutel-Horn“ errichtete Barnstorfer Wassermühle, über die jährliche Salzpredigt der Prediger oder über den Streit um die Holzberechtigung der Pfarrwitwen. Erfahren Sie, dass auch in Barnstorf eine Sanduhr die Predigtzeit begrenzte und ein Taufengel bei der Taufe zum Einsatz kam. Wie berechnete man damals den Platzbedarf auf dem Kirchhof, wie war die alte Schule gebaut? Informieren Sie sich über Generallandvermessung, Dreifelderwirtschaft und Waldweide, über Hand- und Spanndienste, Flurbezeichnungen, alte Maße und Münzen und den Wandel vom ländlichen Meierwesen zu modernen Eigentums- und Pachtverhältnissen.

Alle übrigen Digitalisate der kirchlichen Hauptbücher können im Kirchenbuchwebportal ARCHION online eingesehen werden, leicht über die Ortsnamen auffindbar. Anders als bei den dort angebotenen Kirchenbuchscans ist die Nutzung gebührenfrei; das Digitalisierungsprojekt wurde aus Mitteln der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien gefördert.

 

Birgit Hoffmann

Corpus bonorum Barnstorf, 1776